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Leseprobe (Ausschnitt aus Kapitel 2 und 3)

Maria hat bei einer Tunnelbesichtigung in Jerusalem ihre Gruppe verloren ...

 

 

Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie allein war. Panisch sah sie sich um. Wo waren die anderen? Waren sie schon lange weg? Wie sollte sie hier wieder rauskommen? War es überhaupt erlaubt, hier alleine herumzulaufen?

 

Sicherheitshalber versteckte sie sich hinter einem Vorsprung und kauerte auf dem Boden. Vielleicht konnte sie sich ja unauffällig unter die nächste Touristengruppe mischen.

Jetzt hörte sie die Stimmen näher kommen. Maria konnte die Sprache nicht verstehen, aber sie erkannte bald, dass es Iwrit – Neu-Hebräisch – war. Vorsichtig lugte sie um die Ecke. Es schienen Jugendliche aus Israel zu sein, die zu einer Schulklasse gehörten. Unter ihnen nicht aufzufallen, war unmöglich. Also hielt Maria sich weiter versteckt.

Die Gruppe entfernte sich bald wieder. Eines der Mädchen blickte im Gehen noch einmal zurück. Sie konnte Maria nicht sehen, doch diese konnte ihr Gesicht genau erkennen.

Das Blut gefror Maria in den Adern. Das konnte nicht sein! Sie wollte rufen: „Halt, bleib stehen!”, aber sie brachte keinen Ton heraus. Sie wollte aufstehen und sie festhalten, aber sie konnte sich nicht rühren. Erst als das andere Mädchen nicht mehr zu sehen war, gehorchten ihre Arme und Beine ihr wieder. Allerdings nicht für lange: Sie richtete sich auf – viel zu schnell und zu plötzlich – und sofort wurde es ihr schwarz vor den Augen, alles drehte sich und dann wusste sie nichts mehr.

 

Als sie wieder zu sich kam, hörte sie Stimmengemurmel. Diesmal war es Englisch, sodass sie fast alles verstehen konnte. Sie schlug die Augen auf und erkannte einige Touristen, die um sie herumstanden. „Sie kommt zu sich.” –„Vielleicht kann sie ja einfach wieder aufstehen.” –„Lieber nicht, sehen Sie das Blut?” Jetzt bemerkte auch Maria die Feuchtigkeit. Sie befühlte ihren Kopf und erschrak, als sie danach ihre rotbefleckte Hand registrierte. „Keine Angst, Mädchen, ein Sanitäter ist schon unterwegs”, sprach ein Mann sie an. „Verstehst du Englisch?”

Maria nickte vorsichtig. Ihr war kalt und sie begann unkontrolliert zu zittern. Arme und Beine kribbelten unangenehm und ihr wurde schwindelig. Wieder versank sie in einem schwarzen Loch.

Beim nächsten Erwachen schien sie sich in einem Krankenwagen zu befinden. Ein Sanitäter sah sie freundlich  an. „Na, alles O.K. mit dir?”, fragte er auf Englisch.

„Ich weiß es nicht”, erwiderte Maria und betrachtete den Infusionsschlauch, der in ihrem Arm endete.

„Keine Angst, du hattest nur einen Schock, deshalb bekommst du etwas Flüssigkeit. Dein Blutdruck war total im Keller. Außerdem hast du durch die Platzwunde viel Blut verloren. Du bist ziemlich unglücklich gefallen.”

Maria stöhnte. Ihr Kopf hämmerte, aber ansonsten kam er ihr völlig leer vor.

„Warum ...? Was war denn in ...?”, wollte sie gerade fragen, da setzte die Erinnerung schlagartig wieder ein: die israelische Schulgruppe ... das

Mädchen, das zu ihr hinübergeblickt hatte ... das Mädchen, das genau das gleiche Gesicht wie sie selbst hatte!

„Ach was, Unfug!” sagte Maria nun laut auf Deutsch. Sicher hatte sie sich die starke Ähnlichkeit nur eingebildet!

Unfug?”, wiederholte der Sanitäter. „Was bedeutet das Wort? Glaubst du nicht, dass wir hier das Richtige tun? Keine Angst, wir ...”

„Nein, nein! Entschuldigung, darum geht es gar nicht. Ich bin hier bestimmt in guten Händen, danke!”

Der Sanitäter lächelte sie wieder an.

„Es ist nur so”, fuhr Maria fort, „dass ich eben ein ziemlich

merkwürdiges Erlebnis hatte. Sagen Sie, wissen Sie, wer vor der Gruppe, die mich gefunden hat, im Tunnel war? Es muss eine Schulklasse gewesen sein.”

„Deine Schulklasse? Du kannst dich nicht mehr an sie erinnern? Das ist allerdings ...” Er flüsterte dem anderen Begleiter etwas auf Hebräisch zu. Der tuschelte zurück und machte ein paar Notizen.

Maria stöhnte auf, diesmal nicht vor Schmerzen. Das war ja verrückt! Ständig wurde sie falsch verstanden!

„Hallo, ich habe keine Amnesie! Ich weiß, wer ich bin, welcher Tag heute ist und wie ich in den Tunnel gekommen bin! Ich weiß auch, mit wem ich dort war. Ich suche nur die Gruppe, die danach kam, also davor, bevor ich ... Also, ich meine, die Gruppe kam ja hinterher, die Gruppe, die mich gefunden hat und davor die andere und zwar nicht die von mir sondern die andere, die danach ...”

„Alles klar!”, erwiderte der Sanitäter. „Jetzt sag noch einmal genau wie du heißt und welcher Tag heute ist ...“

Sie waren bald im Krankenhaus angekommen und außer dem Schock und der Platzwunde wurde Maria noch eine Gehirnerschütterung attestiert. Sie sollte einen Tag zur Beobachtung dort bleiben.

 

In der Nacht lag Maria stundenlang wach und wälzte sich von einer Seite auf die andere. Ihr Schädel brummte. Aber das war nicht das Schlimmste. Sie konnte die Gedanken an  das andere Mädchen einfach nicht loswerden. Tausendmal sagte sie sich, dass es nichts war, dass es immer wieder Menschen gab, die ähnlich aussahen wie andere. Sie selbst hatte es auch schon erlebt: Jemand, den sie vorher definitiv noch nie gesehen hatte, kam ihr bekannt vor. Wenn sie diese Person dann häufiger traf und mit der anderen vergleichen konnte, bemerkte sie meistens ziemlich schnell die Unterschiede. Sicher würde es hier auch so sein, wenn sie eine Gelegenheit hätte, die andere noch einmal zu treffen. Oder doch nicht? Immerhin kannte sie ihr eigenes Gesicht ziemlich genau. Es war ihr vorgekommen, als blicke sie in einen Spiegel. Selbst die Haarfrisur war ähnlich gewesen. Das israelische Mädchen hatte die gleichen schwarzen, leicht gelockten Haare wie sie, nur etwas länger. Nun, aber das war hier in Israel ja auch nicht gerade selten!

Immer wieder drehten sich ihre Gedanken im Kreis, angetrieben von einem 2-Takt-Motor:

„Jetzt sei echt mal realistisch! Es kann gar nichts anderes sein als zufällige, leichte Ähnlichkeit.“

Bäng –Zylinder Eins sorgte für eine halbe Drehung.

„Es war definitiv eine Zwillingsschwester oder exakte Doppelgängerin und es muss eine Begründung dafür geben!“ Bäng –Zylinder Zwei machte die Umdrehung komplett.

Was war eigentlich unwahrscheinlicher – dass jemand zufällig fast die gleiche DNA hatte – oder dass sie einen Zwilling hatte, von dem selbst die Mutter bei der Geburt nichts gemerkt hatte und der dann verloren ging oder entführt wurde und bis nach Israel gelangte? Oder verheimlichten die Eltern ihr etwas? War ihre Schwester vielleicht wirklich entführt worden und die beiden hatten Maria das nie erzählt um sie zu schonen? Auf jeden Fall stand aber eine Sache fest: Maria war das leibliche Kind ihrer Eltern. Daran hatte sie keinen Zweifel.

 

***

 

Katrin holte sie am nächsten Tag ab.

„Wahnsinn! Du machst ja echt Geschichten! Du glaubst nicht, was fur einen Schock Michi hatte, als er gemerkt hat, dass du fehlst. Er ist quasi im Dreieck gesprungen. Wahrscheinlich hat er gedacht, du wärst von Terroristen entführt worden oder einem Attentat zum Opfer gefallen. Das war vielleicht eine Aufregung bis dann endlich klar war, wo du steckst!”

„Ja, ich weiß, Michi war doch gestern auch schon hier, um nach mir zu sehen. Wo sind denn eigentlich alle?”

„Jessica hat mich hergebracht und wartet unten in der Halle auf uns. Die anderen sind heute nach Bethlehem gefahren. Nachdem klar war, dass es dir gut geht, wollte Michi nicht die gebuchten Besichtigungen absagen. Nur Jessica und ich haben heute verzichtet.”

„Danke! Ich muss die nächsten Tage am besten auch aufs Programm verzichten. Ich muss jemanden suchen.”

Zu diesem Entschluss war Maria in der Nacht gekommen. Würde sie das Mädchen nicht finden, würde sie nie die Wahrheit erfahren – die wahrscheinlich darin bestand, dass sie sich umsonst aufgeregt hatte. Aber dann würde sie immerhin beruhigt nach Hause fliegen können. Sie

musste sich nicht ihr Leben lang fragen, was wäre gewesen, wenn ...

„Du musst jemanden suchen?”, fragte Katrin nach. „Wen denn? Hat dich etwa jemand angegriffen? Dann sollten wir lieber die Polizei einschalten. Es ist ...”

„Nein, nein!”, fiel Maria ihr rasch ins Wort. „So war es nicht. Es war ein Unfall. Niemand konnte etwas dafür. Ich suche jemand anderen. Aus privaten Grunden.”

„Aus privaten Grunden? Kennst du jemanden hier? Aber vorher hast du ... – Halt, warte, ich weiß es! Hah! Du hast dich in deinen Retter verliebt! Stimmt’s? Wow, wie romantisch! Aber bestimmt ist er verheiratet. Wie hat er denn ausgesehen?”

„Stopp! Halt! Nein, leider wieder falsch”, begann Maria. Dann hielt sie inne. Vielleicht war das gar keine so schlechte Erklärung. Irgendetwas musste sie ja sagen. Und die Wahrheit klang ziemlich bescheuert.

„Na ja, stimmt so halb. Ich habe da unten jemanden getroffen, den ich unbedingt wiedersehen will. In der Gruppe, die nach uns kam ... Aber ich bin nicht verliebt.” Das klang ganz gut und war noch nicht einmal gelogen.

 

Irgendwie fiel es ihr immer noch schwer, Katrin voll und ganz zu vertrauen, das vergangene Jahr steckte ihr noch ziemlich in den Knochen. Die Vorstellung, dass Sandy darüber spotten könnte, wie sie hier das doppelte Lottchen spielen wollte, war schrecklich. Andererseits war Katrin doch wirklich nett und hatte selbst gemerkt, dass Sandys Aktionen voll daneben waren. Irgendwann musste man Vergangenes auch mal vergessen können. Wahrscheinlich würde sie ihr in den kommenden Tagen alles erzählen. Aber heute noch nicht. Sie musste erst mal selbst damit klarkommen.

 

 

Kapitel 3

 

Es war schwierig. Viel schwieriger als gedacht. Zunächst einmal versuchten sie, Michi klar zu machen, dass sie nicht am Programm teilnehmen wollten. Daraufhin mussten sie sich einen langen Vortrag über die Verantwortung, die er zu tragen habe, anhören. Und weil er gerade beim Thema war, erwähnte er auch noch einmal, wie gedankenlos es von Maria gewesen war, sich im Tunnel abzusetzen. Was er für Ängste ausgestanden habe.

„Dann kannst du doch sicher auch nicht verantworten, dass Maria sich mit ihrer Gehirnerschütterung gleich wieder überanstrengt!”, sagte Katrin.

Das Argument zog, denn das Programm war ziemlich vollgepackt.

„Aber nur, wenn Maria wirklich hier bleibt und sich ausruht”, räumte Michi schließlich ein.

„Ich werde schon auf sie aufpassen”, versprach Katrin und erreichte´damit, dass sie auch bleiben durfte.

„Und wie kommen wir jetzt raus? Am Haupteingang sitzt immer ein Pförtner und den hat Michi hundert Pro informiert”, vermutete Maria.

Die erste Idee war der Balkon. Aber als sie von dort in die Tiefe schauten, überlegten sie es sich schnell wieder anders.

Einen Lieferanten K.O. zu schlagen und in seiner Kleidung unerkannt zu entwischen, schien ihnen dann doch eher in die Welt der Action-Filme zu gehören.

Zuletzt einigten sie sich darauf, einfach einen unachtsamen Moment des Pförtners auszunutzen. Es gab zwar eine Überwachungskamera, aber sie wollten ja nicht einbrechen und wenn sie erst mal draußen waren, würde sie so schnell keiner aufspüren.

Maria hatte ein sehr schlechtes Gewissen, Michi so zu hintergehen, aber der Wunsch, die geheimnisvolle Doppelgängerin zu finden, war stärker als alles andere.

Also warteten sie in der Eingangshalle unauffällig auf einen

geeigneten Moment. Dieser kam, als eine Frau den Portier in ein erhitztes Gesprach auf Englisch verwickelte. „Augenblick, ich sehe einmal nach", hörten sie ihn sagen und dabei verschwand er im Nebenraum.

Endlich war es soweit und die Mädchen huschten nach draußen.

 

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Den Anfang der Geschichte gibt es bei Amazon als Leseprobe unter "Blick ins Buch".

Außerdem gibt es noch zwei Audio-Leseproben bei You-Tube.

Es sind Auszüge aus Kapitel 3 und Kapitel 6.